Prioritäten setzen

Jedem ist es sicher schon einmal so ergangen: Vor lauter Aufgaben, die zur Erledigung anstehen, weiß man nicht, wo einem der Kopf steht. Aber selbst nach einem arbeitsreichen Tag gewinnt man nicht das gute Gefühl, ein Stück weiter gekommen und etwas Wesentliches geschafft zu haben. Weiterhin ist die Vielzahl an Aufgaben, die noch vor einem liegen, unüberschaubar …. und Frust macht sich breit. Eine solche Situation ist menschlich, allzu menschlich, und war schon vor über 2.000 Jahren ein leidiges Thema. Die in der Verhaltenspsychologie versierten Stoiker hatten dazu nur eine Empfehlung: im eigenen Leben klare Prioritäten zu setzen!

„Es ist wichtig, dass die Beachtung, die du jeder Tat beimisst, proportional zu ihrem Wert steht, denn dann wirst du nicht so schnell müde werden und aufgeben, was passiert, wenn du dich mit Kleinigkeiten beschäftigst, die mehr Aufmerksamkeit beanspruchen als sie verdienen.“ (Mark Aurel)

Der römische Kaiser Mark Aurel, Pflichtmensch und Stoiker, weiß wovon er spricht. Aber wir müssen uns nicht den vollständig verplanten 18-Stunden-Arbeitstag eines Monarchen vorstellen, um seine Empfehlung zu verstehen. Denn wir alle werden täglich – vom Aufstehen bis zum Schlafengehen – mit zahlreichen größeren und kleineren, wichtigeren und unwichtigeren Aufgaben konfrontiert. Und das wird sich am morgigen Tag ähnlich wiederholen. Schnell entwickelt sich da der Wunsch, aus dem Hamsterrad auszusteigen und den alltäglichen Mühen zu entfliehen. Aber dies ist für Stoiker, die tiefe Zufriedenheit im Leben anstreben, erstaunlicherweise kein geeigneter Ausweg.

 

Die Erfolgsstrategie der Stoiker besteht vielmehr darin, nicht allen Herausforderungen und Aufgaben die gleiche Aufmerksamkeit beizumessen, sondern sich immer wieder Zeit zu nehmen, innezuhalten und festzustellen, was wirklich wichtig ist. Dies bedeutet nicht, die vielen Kleinigkeiten einfach zu ignorieren; auch sie müssen erledigt werden. Aber der Alltag kann nur klare Konturen gewinnen, wenn wir nicht alle Dinge gleichmäßig abarbeiten, sondern den wichtigen Dingen deutlich mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen. Dies spart (Lebens-) Kräfte und erleichtert eine erfolgreiche Langfrist-Perspektive über die Niederungen des Alltags hinaus.

4 Kommentare

  1. Diese Priorisierung widerspricht irgendwie einem anderen Prinzip von Mark Aurel: widme dich jeder Aufgabe als wäre sie deine letzte. Wie lässt sich dieser Widerspruch auflösen?

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  2. M.E. sind die beiden (arbeitsethischen) Grundsätze der Stoiker, (1.) die zu erledigenden Aufgaben bestmöglich zu verrichten und (2.) die Aufgaben jeweils zu priorisieren, d.h. Kleinigkeiten nicht zu viel Aufmerksamkeit beizumessen, kein echter Widerspruch. Denn nur wenn man unterscheidet, welche (Lebens-) Aufgaben wichtig und welche weniger wichtig sind, gelingt es einem, sich nicht zu verzetteln und seine Kraft nicht zu vergeuden. Aufgaben lassen sich (nur) bestmöglich verrichten, indem man sich auf das wirklich Wichtige konzentriert.

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  3. Hallo – finden wir hier nicht ein wenig „Pareto“ wieder ? Generell sind ja auch die „Kleinigkeiten“ zu bearbeiten ….
    Es geht doch mehr in dem Leitsatz von Mark Aurel um, der Wichtigkeit angepasste Aufmerksamkeit.

    Gruss Stefan Wiechert

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    • Ein guter Punkt! Als Stoiker wäre mir wichtig, angesichts eine Vielzahl an zu erledigenden Aufgaben überhaupt eine Reihenfolge aufgrund einer eigenen Bewertung festzulegen (Priorisieren). Dabei scheint es mir zweitrangig zu sein, ob sich die Reihenfolge letztlich nach sachlicher Wichtigkeit, zeitlicher Dringlichkeit oder auch persönlicher Bedeutung einer Sache richtet. Man sollte sich nur nicht hetzen lassen, sondern immer wieder mal innehalten und sich Zeit nehmen für eine eigenständige Priorisierung.

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