Apatheia (ἀπάθεια) bedeutet eine Grundhaltung, die auf Selbstdisziplin und Mäßigung beruht. Der Stoiker ist kein Asket, aber er wird in allem, was er tut, Maß halten. Er kann Essen genießen, es sollte aber nicht in Völlerei ausarten. Er kann freudig arbeiten, sollte aber nicht in Arbeitswut verfallen.

„Arbeite! Aber nicht wie ein Unglücklicher oder wie einer, der bewundert oder bemitleidet werden will. Arbeite oder ruhe, wie es das Beste für die Gemeinschaft ist.“ (Mark Aurel)

Dem angehenden Stoiker wird geraten, die Dinge nicht mit zu viel Leidenschaft anzugehen, heute würde man sagen: es nicht zu übertreiben. Das Leben ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf, bei dem durch leidenschaftliche Aufwallungen nur Kräfte vergeudet werden, die bei einer gleichmäßigen maßvollen Einteilung viel weiter reichen können.

Die stoische Grundhaltung der Apatheia gibt immer wieder Anlass zu Missverständnissen. Zwar wird Epiktet der Ausspruch „Ertrage und enthalte Dich“ zugeschrieben. Dies bedeutet jedoch keine Teilnahmslosigkeit; insofern ist das deutsche Wort „Apathie“ ganz unpassend. Und auch wenn Apatheia heißt, Leidenschaft (Pathos) abzulehnen, sind Stoiker doch keine gefühllosen Roboter. Sie hören nicht einfach auf, zu fühlen oder zu begehren, sie empfinden Angst im Angesicht einer Bedrohung und Leid beim Tod eines nahestehenden Menschen. Aber die Affekte können ihrem seelischen Gleichgewicht nicht auf Dauer schaden und ihre innere Harmonie nicht nachhaltig stören.

Die Grundhaltung der Apatheia ignoriert keine Gefühle oder natürlichen Triebe, versucht aber ihre Auswirkungen auf einem maßvollen (mittleren) Level zu halten. Ein dauerhaftes seelisches Gleichgewicht wird nach Ansicht der Stoiker viel eher zu einer tief empfundenen Lebenszufriedenheit beitragen als eine ständige Achterbahnfahrt zwischen Ekstase und Enttäuschung.