Richtig ist: Epiktet rät seinen Stoiker-Schülern: „Wir müssen aus den Dingen, die in unserer Macht stehen, das Beste machen, und alles andere so nehmen, wie es ist.“ Besonders die stoische Einstellung, Dinge, die nicht der eigenen Kontrolle unterliegen, einfach widerstandslos hinzunehmen, wirkt oft pessimistisch oder gar defätistisch. Dieser Eindruck mag durch die dem Stoiker empfohlene tägliche geistige Übung der „negativen Visualisierung“ bestärkt werden. In diese Übung soll man sich stets das Schlimmste ausmalen, was passieren kann.

Aber: Das Wissen der Stoiker, dass das meiste im Leben nicht unter unserer Kontrolle steht und uns das Liebste jederzeit entrissen werden kann, ist kein Vorwand, um in Fatalismus und Ohnmachtsgefühle zu verfallen, und kein Plädoyer für eine defätistische Haltung. Zwar ist der Stoiker kein unverbesserlicher Optimist; denn er nimmt nicht an, dass selbstverständlich alles gut gehen wird. Aber er ist auch kein Pessimist. Vielmehr steht für ihn alles unter dem Vorbehalt: „Wenn das Schicksal es zulässt.“ Mit diesem allgegenwärtigen Vorbehalt ist der Stoiker immer darin bemüht, so achtsam wie möglich zu sein auf das, was wir haben, und es richtig zu würdigen – denn es könnte bald vorbei sein.

„Ich Unglückseliger, sagt jemand, dass mir dieses oder jenes widerfahren musste! Nicht doch! Sprich vielmehr: Wie glücklich bin ich, dass ich trotz dieses Schicksals, kummerlos bleibe, weder von der Gegenwart gebeugt noch von der Zukunft geängstigt! (Mark Aurel)