Die Philosophie der Stoa befasst sich in ihrer Grundausrichtung mit dem Leben – und insbesondere mit dem Lebensglück. Dreh- und Angelpunkt ist immer wieder die Frage: „Wie gelingt uns ein glückliches Leben?“ Die Antwort der Stoiker liegt in dem zentralen Begriff der Eudaimonia (εὐδαιμονία).

Eudaimonia wird häufig schlicht mit „Glück“ übersetzt. Denn ein „glückliches Leben“ erscheint uns heute ganz überwiegend als ein lohnendes Ziel. Aber was bedeutet „Glück“? Ist es das Glücksgefühl nach einem Sechsergewinn im Lotto, der uns zufällig und unverdient zufällt und uns spontan jubeln lässt? Oder ist es das entscheidende Tor in einem Fußballfinale, das eine ungehemmte euphorische Stimmung erzeugt? Es lohnt sich, kurz darüber nachzudenken, welche Momente unseres Lebens wir als die glücklichsten in Erinnerung haben. Oft sind es Ereignisse wie Heirat, Geburt, vielleicht ein gelungener Familienausflug oder ein stimmungsvolles Abendessen, evtl. auch ein Abenteuer-Urlaub …. Die Glücksgefühle, die uns dabei ins Gedächtnis kommen, sind meist kurzlebig, unverhofft entstanden und bald wieder vergangen. Man soll sie genießen – insofern sind die Stoiker keine Spielverderber – aber sie führen nicht zu dem, was die Stoa „Eudaimonia“ nennt. Denn damit ist nicht ein Leben voller überschwänglicher Gefühle gemeint, wie es das deutsche Wort „glücklich“ nahelegt. Der Stoiker meint mit Eudaimonia vielmehr ein Gefühl tiefer Zufriedenheit bzw. Erfüllung. Dieses Gefühl erlebt, wer mit sich selbst im Reinen ist. Es kommt nicht von außen, sondern von innen. Das heißt: Eudaimonia ist etwas, was man nur in sich selbst findet. Es ist eine innere Befriedigung, die daraus entsteht, dass man sein eigenes Potenzial ausschöpft und im Einklang mit seinen Kernwerten lebt. Nur dadurch kann sich ein tiefgehendes dauerhaftes Gefühl der Erfüllung einstellen. Und nur dadurch haben wir die Chance, der Mensch zu werden, der wir sein wollen.