Die Zeit der Entstehung der Stoa um ca. 300 v. Chr.liegt lange zurück, die damalige Situation ist uns heute aber nicht ganz fremd. Es war eine Zeit des Umbruchs und der Unsicherheit. Gerade war Alexander der Große gestorben. Sein Riesenreich und die damit verbundene Weltordnung zerbrach. Selbsternannte Nachfolger führten überall Krieg gegeneinander. Dies bedeutete auch das Ende der attischen Demokratie, die Alexander noch respektiert hatte. Damit war die Identität der Griechen ihres Fundaments beraubt. Die Philosophie der Stoa entstand auf der Suche nach den Spielräumen der Freiheit, nach Orientierung und nach einem Wertesystem.

Ihre größte Bedeutung erreichte die Stoa, als ihre Lehre in das römische Reich vordrang. Während der Kaiserzeit gehörten die Werke der Stoa in Patrizierkreisen zum Kanon der Literatur und viele römische Adelsfamilien schickten ihre Söhne in eine Schule der Stoa. So gelangten stoische Ideen und Ideale in höchste Regierungskreise.Bis zum Ende des 2. Jahrhunderts n.Chr. entwickelte sich die Stoa zu einer der einflussreichsten und angesehensten Schulen der Philosophie.

Die Schule der Stoa hatte 500 Jahre lang Bestand. Nach allem, was wir wissen, gab es danach keine aktiven Vertreter der Schule mehr.Der Einfluss der Stoa endete jedoch keineswegs zu dieser Zeit, sondern erstreckt sich bis in die Gegenwart. Denn die Idee des Stoizismus fand ihren Weg in viele Schriften bekannter Philosophen und Gelehrter.

 Dazu schreibt Anna Schriefl in ihrer Einführung zu Stoischen Philosophie: Baruch de Spinoza (1632–1677) kommt in seiner Philosophie dem stoischen Gesamtentwurf erstaunlich nah. Bekannt sind auch die Überlegungen zur Stoa, die sich im Werk von Immanuel Kant (1724–1804) finden. Kant verfügt über ausgezeichnete Kenntnisse der stoischen Philosophie, Vermutlich ist die hervorgehobene Stellung des Pflicht-Begriffs in Kants Ethik sogar seiner Auseinandersetzung mit den Stoikern geschuldet. Jean-Paul Sartre (1905–1980) bezeichnet die Stoiker in seinem Hauptwerk Das Sein und das Nichts (1943) sogar als VorläuferdesExistenzialismus. Auch Michel Foucault (1926–1984) befasst sich in seinem Spätwerk intensiv mit den Stoikern. Die stoische Ethik spielt in den 1950er Jahren zudem eine wichtige Rolle für die Entwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie (CognitiveBehavioralTherapy).

Die Entwicklung des stoischen Denkens reicht also weit über die Antike hinaus bis tief ins Christentum und ebenso weit in die Neuzeit hinein. Die Stoa hat eine über 2.000-jährige Entwicklungsgeschichtemit Veränderungen und Anpassungen durchlaufen, in der sie das Denken vieler moderner Philosophen und Theologen beeinflusst hat. Heute wird der Stoizismus in vielen Veranstaltungen und Büchern wieder aufgegriffen und in einer zeitgemäßen Form als „moderner Stoizismus“ interpretiert. Die Zahl seiner Anhän­ger wächst stetig. Der „moderne Stoizismus“ ist nicht mehr identisch mit dem Ideengebäude der Antike. Dennoch lohnt sich der Blick zurück auf die Anfänge des Stoizismus und seine führenden Köpfe.